Südsteirische Grenzgeschichten

Manche Weingüter hatten schon immer sowohl auf österreichischer als auch slowenischer Seite ihre Weingärten.
Manche Weingüter hatten schon immer Weingärten auf beiden Seiten der Grenze.
Erst das Gleichenberger Abkommen im Jahr 1953 regelte den kleinen Grenzverkehr.
Erst das Gleichenberger Abkommen im Jahr 1953 regelte den kleinen Grenzverkehr.
Teile der südsteirischen Weinstraße verlaufen direkt an der slowenischen Grenze...
Teile der südsteirischen Weinstraße verlaufen direkt an der slowenischen Grenze…
... und manchmal ragt die Straße auch über die Grenze hinaus.
… und manchmal ragt die Straße auch über die Grenze hinaus.

Als 1955 die Weinstraße gebaut wurde, war ein wichtiger Teil der Straße auf jugoslawischen Staatsgebiet. Heute, wo Slowenien zum Schengenraum gehört, scheint das nichts besonders mehr zu sein. Damals jedoch wurde erst zwei Jahre davor ein Abkommen über den kleinen Grenzverkehr geschlossen. Aber auch heute noch ist die Grenze zu Slowenien ein sensibles Thema und führt immer wieder zu Konflikten.

1918 war ein Schicksalsjahr für die Region der heutigen südsteirischen Weinstraße. Durch die Zerschlagung der Donaumonarchie rutschte die Region vom Herzen der Steiermark an ihren südlichen Rand und der Grenzverlauf war lange umstritten. Zuerst forderte das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, umgangssprachlich auch SHS-Staat genannt, Gebiete, die Österreich zugesprochen wurden, nach dem zweiten Weltkrieg erneuerte die Volksrepublik Jugoslawien die Ansprüche. Grenzkonflikte wurden dabei, besonders nach dem ersten Weltkrieg, auch blutig ausgetragen. Erst kurz vor der Geburt der Weinstraße, die in wichtigen Abschnitten auch auf slowenischen Gebiet verläuft, konnte eine Einigung erzielt werden. Zahlreiche Bauern verfügten nämlich auf beiden Seiten der Grenze über Grundbesitz und hatten dadurch Schwierigkeiten. Auch in der Region rund um Leutschach waren einige Bauern betroffen. Der Grazer Historiker Heinz Wassermann erzählt: „Die interalliierte Grenzkommission hat damals nach dem ersten Weltkrieg beschlossen, dass zehn der durch die Grenze zerschnittenen Gehöfte Österreich zugewiesen wurden. Fünf fielen an Jugoslawien.“

Hermetisch abgeriegelte Grenze
Aber auch nach dem zweiten Weltkrieg war der Grenzverlauf lange nicht klar. Ab 1944 operierten Partisanen in der Region um Leutschach. Die so genannten Poßruck-Partisanen versuchten sogar Kontakte zum Postenkommandanten und zum Dechant von Leutschach aufzubauen. Die Besatzungszeit begann für die Südsteiermark sehr turbulent. Erst waren es bulgarische Einheiten, dann Partisanen, die die Kontrolle über die Region übernahmen. Im Mai 1945 übernahm die Jugoslawische Armee das Kommando und kündigte an, das Gebiet an Jugoslawien anzuschließen, ehe im Juli zuerst Sowjetische Truppen und danach britische Einheiten kamen. 1947 erhob Jugoslawien erneut Gebietsansprüche. Die Grenze wurde daher hermetisch abgeriegelt. Gerade für jene Bauern, die Grundbesitz auf beiden Seite der Grenze hatten, war das existenzbedrohend. Erst mit dem Gleichenberger Abkommen von 1953 wurde das Problem der sogenannten Doppelbesitzer in der Steiermark und Kärnten gelöst und der kleine Grenzverkehr geregelt. 400 Österreichern und 50 Jugoslawen wurden die im jeweiligen Nachbarstaat liegenden Besitzungen zurückgegeben. Abgesehen von der zaghaften Umsetzung der Minderheitenrechte in Österreich, denn es gab nach wie vor slowenischsprachige Menschen in der Südsteiermark, haben sich die Grenzbeziehungen einigermaßen normalisiert. Wirtschaftlich bedeutete die Nähe zur Grenze für die Region Stillstand.

Sperre der Weinstraße
Deutlich gebessert hat sich die Beziehung zu Slowenien nach der Jugoslawienkrise 1991. Bereits im September 1991 fand eine Dekanatswallfahrt nach Slowenien statt. Besonders die katholische Kirche organisiert seitdem immer wieder gegenseitige Besuche. Aber auch Schulkooperationen und gemeinsame „Georgiritte“ werden organisiert und mit dem EU-Beitritt Sloweniens 2004 präsentiert sich Slowenien als nachbarschaftlicher und aufstrebender Wirtschaftspartner. Völlig konfliktfrei ist die Beziehung zum südlichen Nachbarn aber auch heute noch nicht. Erst 2007 musste die südsteirische Weinstraße zwischenzeitlich gesperrt werden, da ein slowenischer Grundeigentümer Besitzansprüche an Teile der Straße auf slowenischen Gebiet erhob und die Straße blockierte.

Ein Gedanke zu „Südsteirische Grenzgeschichten

  • 4. April 2017 um 09:04
    Permalink

    Hier sollte noch stehen, dass der Notar aus Marburg, der diesen Konflikt verursachte, durch ein Urteil des Bezirksgerichts Marburg in die Schranken gewiesen wurde. Diese Klage wurde von zahlreichen Weinbauern aus der Südsteiermark eingebracht und hat zur rechtlichen Klärung geführt. Einen darüber hinausgehenden Konflikt hat es nicht gegeben und ist auch heute gerade in der Südsteiermark Gott sei Dank kein Thema.

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